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Frühkindliche Karies - immer noch ungelöst?

Aktualisiert: 28. Nov. 2019

„Niemand kommt mit Karies auf die Welt“, so die Referentin bei Ihrer Einführung. Es ist bemerkenswert, dass in einem Land, das das drittteuerste Gesundheitssystem der Welt hat, der Sanierungsbedarf im Milchgebiss sehr hoch, der Sanierungsgrad aber sehr gering ist.

Mit diesem Zitat von Prof. Klaiber, et. al. Univ. Würzburg, Abt. Kinderzahnheilkunde mach die Referentin Dr. Beate Pescheck klar, dass die Problematik von ECC (EARLY-CHILDHOOD-CARIES) auch in Deutschland ein großes Problem darstellt: Frühkindliche Karies (ECC) ist die häufigste chronische Erkrankung bei Kindern von 0-6 Jahren.

Bildquelle: Vortrag Dr. Beate Pescheck

Erhebungen der Deutsche Arbeitsgemeinschaft Jugendzahnpflege aus dem Jahr 2016 belegen dies: 13,7 % der unter 3-Jährigen, insgesamt 44 % der Schulanfänger haben Karieserfahrung. 43 % der kariösen Milchzähne bei 6-Jährigen sind unbehandelt. Als Gründe dafür gibt die Fachärztin für Kinderzahnheilkunde unter anderen den Dauergebrauch der Nuckelflasche mit süßem Inhalt (besonders nachts) an, sowie, dass der erste Zahnarztbesuch oft zu spät erfolgt.


Tatsächlich haben die zahnärztlichen Vereinigungen es erst in 2016 erreicht, einen (leider unverbindlichen) Hinweis zu Zahnvorsorge im Kinderuntersuchungsheft zu verankern. Seit 1. Juli 2019 (GKV) ist die Neufassung der Richtlinien über Früherkennungsuntersuchungen von Zahn-Mund- und Kieferkrankheiten mit dem Ziel der Verringerung des Auftretens von frühkindlicher Karies in Deutschland in Kraft. Erstmals werden Kleinkinder unter 3 Jahren ab dem 6. Lebensmonat einbezogen. Die Referentin empfiehlt Eltern in diesem Zusammenhang eindringlich den ersten Zahnarztbesuch zwischen dem 6. Und 9. Lebensmonat

Dr. Beate Pescheck erläutert daraufhin den anatomischen Aufbau von Milchzähnen und widerlegt anhand von Fallbeispielen des ECC die leider weit verbreitete Meinung, dass kariösen Milchzähnen nicht behandelt werden müssen, da sich das Problem beim Zahnwechsel von selbst löst. Diese Meinung sei schlichtweg falsch.


Folgen der ECC für die Kinder

Die Folgen der ECC sind für die betroffenen Kinder zum Teil gravierend. Neben direkten Folgen wie Schmerzen, Fieber und Schwellungen kann es zu Fistel- und Zystenbildung kommen. Darüber können Fehlentwicklungen von Kiefer- und Zahnstellung entstehen. Auch Ernährungsstörungen und Sprachfehler können auftreten, um nur einige zu nennen. Auch Defizite bei der psychosozialen Entwicklung und soziale Ausgrenzung sind bei betroffenen Kindern keine Ausnahme.


Betroffene Kinder, die in der MKG Praxis von Frau Dr. Pescheck und Dr. Fuamenya behandelt werden, kommen häufig durch Überweisung vom Hausarzt, Hauszahnarzt oder über den Notdienst, wenn sich aus der ECC bereits starke Entzündungen am Kiefer gebildet haben. Bei diesen Kindern wird die Behandlung in den meisten Fällen in Narkose durchgeführt. Zum einen, weil sie einfach noch zu klein sind um bei der Behandlung „mitzuarbeiten“, zum anderen, weil sehr oft mehr als nur ein Zahn betroffen ist. So können die Fachärzte für die Kleinsten viel retten, aber nicht alles. Die absolute Grenze der Zahnerhaltung ist bei avitalen Milchzähnen überschritten (wenn der Nerv abgestorben ist). Hier kann man nur noch den Zahn oder sogar die Zähne entfernen um weitere Spätfolgen, wie eine Schädigung der bleibenden Zähne, zu vermeiden.


Bild aus dem Vortrag von Dr. Beate Pescheck

Die 4 Pfeiler für gesunde Zähne

Im Folgenden ging die Referentin darauf ein, was Eltern tun können, um ECC zu verhindern. Die gesunden Zähne fußen dabei auf 4 Grundpfeilern: 1. Regelmäßige Zahnarztbesuche (ab dem 6. Lebensmonat), 2. Mundhygiene mit Unterstützung der Eltern (mindestens 2 x täglich Zähne putzen), 3. Ernährung, und 4. Fluoride zuführen. Allein die Ernährung wäre ein abendfüllendes Vortragsthema, so Beate Pescheck. Im Weiteren erläuterte sie die häufig noch umstrittene Fluoridgabe und stellte klar, dass diese unbedingt nötig und wichtig zur gesunden Erhaltung der Zähne ist.


Zahnpasta statt Fluoridtabletten Fluoride werden weltweit zur Kariesprophylaxe eingesetzt. Die europäischen Leitlinien zur Fluoridierung wurden in 2018 neu aufgestellt, da wissenschaftliche Erkenntnisse zeigten, dass der direkte Zahnkontakt mit Fluorid viel effektiver ist, als die Einnahme über die Tabletten. Darum raten alle bundesweiten zahnärztlichen Vereinigungen dazu, keine Fluoridtabletten mehr zu geben, sondern stattdessen das Fluorid über die Anwendung von Kinderzahnpasta zu verabreichen: Die Mengen sind ab erstem Zahndurchbruch bis zum 2. Lebensjahr mit einer Konzentration von 550ppm 2 x täglich (erbsengroß) empfohlen, ab dem 2. bis zum 6. Geburtstag 1000ppm 2 x täglich (erbsengroß). Ab dem 7. Geburtstag 1400 ppm 2 x täglich (erbsengroß). Die Konzentrationen sind in Kinderzahnpasta mit Altersangabe bereits korrekt dosiert.


Abschließend fasste die Fachzahnärztin für Kinderzahnheilkunde nochmals zusammen: Früh an ersten Zahnarztbesuch denken, Fluoridhaltige Zahncreme 2xtäglich ab dem ersten Zahn, keine Fluoridtabletten mehr, nachts keine Nuckelflasche mit süßem Inhalt, Zucker reduzieren!

 

Referenten: Dr. Beate Pescheck, Fachzahnärztin für Kinderzahnheilkunde, Dr. Arnold Fuamenya


Die Praxis der Referenten MKG Chirurgie Schwäbisch Hall Praxis für Kinderzahnheilkunde www.mkg-sha.de www.kinderfachzahnarzt.de



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